Artikel | 12/01/2022 12:10:53 | 10 min Lesezeit

An der Schwelle zu etwas Großem

Marko Erola

Manager, Media Relations

Es heißt, dass Veränderungen allmählich, dann aber plötzlich kommen. Nun wird UPM in den kommenden Monaten einen er größten Schritte in der Transformation des Unternehmens machen, berichtet President & CEO Jussi Pesonen.

Wir stehen an der Schwelle zu etwas Großem, sagt Pesonen über sein Unternehmen.

Eine große Sache ist das Reaktorprojekt im Kernkraftwerk Olkiluoto in Finnland (OL3). Der Reaktor wird die Stromproduktion von UPM in einer Zeit extrem hoher Marktpreise in einem Schritt um fast 50 % erhöhen.

Noch stärker, nämlich um etwa 50 %, wird die Produktionskapazität für Zellstoff steigen, wenn das Zellstoffwerk Paso de los Toros in Uruguay Anfang 2023 in Betrieb geht. Bei der Eröffnung des Zellstoffterminals im Hafen von Montevideo sah man Pesonen seine Begeisterung an, als er sagte: „Paso de los Toros ist ein äußerst gut geführtes Projekt. Die Pandemie führte zu Störungen der Logistik und sorgte auch am Werksstandort selbst für große Herausforderungen. Ein Lob an das Projektteam, das diese schwierigen Umstände gemeistert hat.“

 

UPM Paso de los Toros

UPM Paso de los Toros

Auch die Eröffnung einer Biochemikalien-Raffinerie in Leuna in Deutschland steht kurz bevor. Sie wird nicht nur dafür sorgen, dass UPM seine Kapazitäten erhöhen, sondern auch ein auch ein völlig neues Geschäftsfeld eröffnen kann, das auch auf globaler Ebene einzigartig ist.

Aber was hält der CEO davon, dass es in der täglichen Berichterstattung nur um Krieg, die Energiekrise, Rezession, Inflation und Zinssätze geht?

Und wie funktioniert die Biofore-Strategie in einer Welt, die von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt wurde?

Läuft die Regionalisierung?

Die Biofore-Strategie ist eine Antwort auf den Klimawandel: Das Unternehmen stellt Produkte aus Forstbiomasse her, um den Einsatz fossiler Materialien und Energien zu reduzieren. Nun wird der Klimawandel zumindest vorerst durch den Krieg, die Energiekrise und die geopolitischen Turbulenzen überschattet.

Pesonen zufolge werden die Veränderungen in Wirtschaft, Energie, Nahrungsmittelindustrie und Logistik möglicherweise von Dauer sein und sowohl die Gesellschaft als auch Privatpersonen auf eine harte Probe stellen.

„Aus Sicht von UPM haben sich die Ausgangslage und die Marktaussichten jedoch nicht verändert. Dank einer starken Bilanz können wir unsere Strategie- und Wachstumsprojekte weiterhin umsetzen“, so Pesonen.

Pesonen hebt drei Punkte hervor. Erstens die starke Bilanz, zweitens das richtige Geschäftsmodell, dessen Fokus auf der Umsetzung strategischer Projekte und einer gesunden Unternehmensleistung liegt und drittens – so international UPM auch ist – Rohstoffbeschaffung, Produktion und Kundenservice auf lokaler Ebene.

Lokalität ist wichtig, da Globalisierung in Regionalisierung umschlagen kann, was Handelsbarrieren und Störungen des Warenflusses zur Folge haben könnte.

„Aber auch vor diesem Hintergrund können wir eine gute Performance abliefern. UPM ist gut aufgestellt und bereit, nicht nur Herausforderungen zu meistern, sondern auch Chancen zu nutzen“, so Pesonen.

Eine interessante Frage ist, welche Veränderungen das neue geopolitische Umfeld in China und Asien – wichtige Märkte für UPM - mit sich bringen wird. Pesonen geht davon aus, dass das kommende Jahr zeigen wird, wie China das Coronavirus überwinden wird und ob das Land sich in eine neue Richtung bewegen wird.

„An der Tatsache, dass Asien ein großer, wachsender Markt ist, in dem das Wachstum und die Urbanisierung der Mittelklasse rasch voranschreiten, hat sich nicht geändert. Die Ausgangslage bleibt die gleiche.“

Die Produkte aus Leuna kommen zur rechten Zeit

Auf der Weltkarte von UPM nimmt Deutschland eine wichtige Stellung ein. Pesonen wird häufig gefragt, wie es dort angesichts der Wirtschaftslage und der drohenden Gasengpässe mit der Papierindustrie weitergehen wird.

Er macht sich zwar Gedanken, weist aber darauf hin, dass Druckpapiere heute keinen großen Anteil mehr an den Umsatzerlösen oder gar am Gewinn des Unternehmens ausmachen und dass nicht alle deutschen Werke über die gleichen Voraussetzungen verfügen.

„Manche Werke betreiben ein Biokraftwerk und erzeugen Wärme und Strom für die umliegenden Gemeinden. Aber für die Fabriken, die nur Erdgas nutzen, wird es sicherlich Herausforderungen geben.“

Trotz einiger dunkler Wolken über Deutschland gibt es für UPM dennoch einen Lichtblick: die Biochemikalien-Raffinerie in Leuna.

 

UPM Leuna

UPM Leuna
 

„Wir sind wirklich die ersten, die chemische Produkte aus Forstbiomasse herstellen. Das ist vor allem insofern von Vorteil, als der vor Ort eingesetzte Rohstoff nichts mit Russland zu tun hat“, betont Pesonen.

Schon jetzt gibt es ein großes kommerzielles Interesse an der Biochemikalien-Raffinerie, die bis Ende 2023 fertiggestellt sein soll, obwohl das Emissionsreduzierungspotenzial der dort hergestellten Produkte laut Pesonen noch gar nicht vollständig untersucht wurde.

„In Leuna geht es nicht nur um PET-Flaschen oder Ruß. Biomoleküle finden Sie überall, sogar in diesem Konferenzraum. Wir werden für unsere Produkte die optimalen und am besten geeigneten Endanwendungssegmente mit der höchsten Marktdurchdringung und einem attraktiven Preis ermitteln.“

Stolz auf Papier

Pesonen ist mit dem Geschäftsportfolio des Unternehmens, das Wachstumsunternehmen, neue biobasierte Geschäfte und ein reifes Papiergeschäft umfasst, zufrieden.

Das bewährte Portfolio sah nicht immer so aus.

„Als ich im Jahr 2004 bei UPM eintrat, war die Denkweise: Global agieren, sich auf ein Geschäft konzentrieren, andere verkaufen und die Bilanz effizient nutzen. Etiketten, Energie, Zellstoff und Sperrholz – alles wurde infrage gestellt. Ich weiß nicht, warum ich damals nicht auch so dachte, aber so war es nun einmal.

Seiner Erinnerung nach war er der Auffassung, es gäbe zwei Kriterien, wonach ein Geschäftsfeld zu UPM passte. Einerseits musste es als Rohstoff Forstbiomasse nutzen, und andererseits musste es für eine Spitzenstellung in seinem jeweiligen Sektor gut sein.

„Bei Raflatac haben wir bewiesen, dass wir wachsen können und wettbewerbsfähig sind. Das Wachstum lag bei fast 5 % pro Jahr, und die Margen haben sich verdoppelt. Das gilt zum Beispiel auch für Zellstoff, wo wir schnell zu einem der weltweit führenden Unternehmen wurden.“

Die Entwicklung von einem reinen Papierhersteller zu dem Unternehmen, das UPM heute ist, hat 20 Jahre in Anspruch genommen. UPM musste sich nicht nur auf die rückläufige Nachfrage nach Druckpapieren einstellen, sondern auch die Fähigkeit entwickeln, bahnbrechende Innovationen wie biochemische und biomedizinische Produkte hervorzubringen.

Bei Gesprächen über die Transformation des Unternehmens erwähnt Pesonen stets, dass UPM das einzige Unternehmen ist, in dem Papier immer noch eine starke Rolle spielt:

Das Papiergeschäft liefert uns freien Cashflow für Wachstum und Innovationen und sorgt für eine gesunde Bilanz. Ich bin wirklich stolz auf Papier.
 

Auf dem Weg zur Wasserstoffwirtschaft

Die Biochemikalien-Raffinerie in Leuna ist ein wichtiger Schritt zum Ersatz fossiler Materialien in vielen Konsumprodukten. UPM produziert CO₂-freie Energie aus Kern- und Wasserkraft, was Pesonen zufolge die Voraussetzung für ein stabiles Ergebnis ist.

Er sieht in naher Zukunft Möglichkeiten, kohlenstofffreien Strom und biogenes CO₂ aus Fabriken zu neuen Produkten zu kombinieren.

„Das kommerzielle Potenzial von Wasserstoff wird sich in den kommenden Jahren zeigen. UPM ist auf einem sehr guten Weg zur Wasserstoffwirtschaft“, so Pesonen.

Die Energiekrise hat dazu geführt, dass in der Klimadebatte einige Grundsatzfragen zu klären sind.  Die Klimapolitik wurde kritisiert, da sie sich laut Pesonen zu sehr auf CO₂-Senken und -Kompensation und zu wenig auf den Ersatz fossiler Rohstoffe und Brennstoffe konzentriert.

„CO₂ -Kompensation wird das Problem nicht lösen. Die Lösung liegt in der Entwicklung von Produkten, die fossile Materialien ersetzen, und das wird nicht über Nacht möglich sein. Darauf sollte sich die Diskussion konzentrieren.“

UPM ist in Finnland ein wichtiger Akteur auf dem Gebiet der Energiesicherheit. Das Unternehmen ist nicht nur ein großer Energieverbraucher, sondern auch ein großer Energieproduzent und ein wichtiger Lieferant von Ausgleichsenergie und die Sicherung der Stromversorgung in Finnland.

Kultur der kontinuierlichen Verbesserung

Neben einer klaren Strategie, einem robusten Geschäftsmodell, einer starken Bilanz und dem Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit sieht Pesonen bei UPM noch eine weitere besondere Stärke.

„In unserem Unternehmen herrscht eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung. Man könnte sagen, dass Begeisterung und Neugier für die Zukunft in der DNA des Unternehmens liegen.“

Diese Kultur wird dadurch gestärkt, dass die Mitarbeitenden von UPM das Gefühl haben, in einem Unternehmen, das eine Vorreiterrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels spielt, eine sinnvolle Arbeit zu leisten. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Eigenverantwortung der einzelnen Geschäftsbereiche – von den Rohstoffen bis hin zu den Kunden.

„Unsere Mitarbeitenden spielen eine zentrale Rolle. Wenn die richtigen Menschen am richtigen Ort zusammenarbeiten, liefern sie Erfolge und Ergebnisse. Und auch die Führungskräfte müssen eine starke Leistung bringen. Manchmal muss man sich Trends widersetzen und seiner Vision vertrauen können“, so Pesonen.

So war es auch, als im letzten Frühjahr die finnische Papierarbeitergewerkschaft in einen Streik trat. Die Motive der Geschäftsleitung von UPM wurden öffentlich und teils sehr rigoros kritisiert.

„Unser klares Ziel war es, für UPM geschäftsbereichsspezifische Tarifverträge zu schließen, um im internationalen Umfeld konkurrieren zu können. Das ist uns gelungen, und die neuen geschäftsbereichsspezifischen Vereinbarungen schaffen die Voraussetzungen für unseren zukünftigen Erfolg in Finnland“, so Pesonen.

„Management und Mitarbeitende können nun gemeinsam daran arbeiten, die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmenseinheiten im weltweiten Wettbewerb sicherzustellen. Denn genau darum geht es.“

 

Fotos: Joonas Salo

 
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