Artikel | 09/24/2024 08:51:14 | 6 min Lesezeit

4 Ideen zum Nachahmen: Marken, die Mode mutig überdenken und neu gestalten

Modemarken, die bei Materialien und Produktentwicklung auf wissenschaftliche Erkenntnisse setzen, die Innovationsarbeit fördern, Verbraucher zu weniger Konsum anhalten und Portale für Secondhand-Kleidung aufbauen. Das sind Nachhaltigkeitsmaßnahmen, für die sich auch Mikko Lassila, Business Development Director bei UPM, begeistert und engagiert.

„Die Textilindustrie als Ganzes ist für einen beträchtlichen Teil der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Je nachdem, auf welche Studie man sich bezieht, sind dies 8 bis 10 Prozent. Die Branche kann viel tun, um ihre ökologischen Auswirkungen zu reduzieren. Rund um Rohstoffe hat sich daher ein wissenschaftlich fundiertes Forschungsgebiet entwickelt. So werden beispielsweise Textilfasern sowie deren Herstellung und Ausgangsstoffe schon ausgiebig untersucht.“ 
 

Mikko Lassila, UPM
 

Es gibt bereits hervorragende Beispiele für Marken, die sich aktiv für Nachhaltigkeit engagieren. Dazu gehören die folgenden vier:

1. Ganni: Wissenschaft an erster Stelle

„Früher war es üblich, dass die Vertreter der Stoffhersteller den Designern ihre Stoffmuster präsentierten. Die Stoffe wurden beschaut und befühlt. Was am besten gefiel, wurde ausgewählt. Diese Stoffvertreter verfügten über das beste Know-how für Textilien. Das hat sich grundlegend geändert.  

Ganni ist ein hervorragendes Beispiel für eine Marke, die Verantwortung für die von ihr verwendeten Materialien übernimmt. Und zwar nicht nur für bereits verwendete, sondern auch für künftige, von Start-ups und Laboren entwickelte Materialien. 

Materialentwicklung und Innovationsarbeit bilden das Herzstück der Tätigkeit von Ganni. Das Unternehmen hat u. a. basierend auf einer wissenschaftlichen Bewertung durch dritte Stellen die in den eigenen Kollektionen verwendeten Materialien in die Kategorien ‚Bevorzugt‘, ‚Besser‘ und ‚Vermeiden‘ eingestuft und diese Einstufung veröffentlicht. 

Materialien spielen für die Modemarken eine wichtige Rolle auf dem Weg zu mehr Verantwortlichkeit in der Geschäftstätigkeit. In Verbindung mit Textilfasern stellen beispielsweise der enorme Wasserverbrauch, das Entstehen von Mikroplastik und der Einsatz von Chemikalien große Herausforderungen dar. Recycelte und erneuerbare Rohstoffe werden zwar oft bevorzugt, aber gleichzeitig stößt die Baumwollproduktion auch an ihre Grenzen, die Qualität lässt nach, und gute Alternativen sind schwer zu finden. Es mangelt an neuen Anbauflächen für Baumwolle, und die Vorräte an Wasser, das für den Baumwollanbau in großen Mengen benötigt wird, werden ebenfalls knapper. Das bedeutet, dass die Hersteller alternative Lösungen finden und gegebenenfalls synthetische Materialien und Fasern entwickeln müssen, wie beispielsweise Lyocell. Daher arbeitet nicht nur Ganni mit eigenen Laboren und Materialexperten, sondern auch viele andere Marken wie Adidas sowie die Luxusmarken LVMH und Kering.“

Ganni ist ein hervorragendes Beispiel für eine Marke, die Verantwortung für die von ihr verwendeten Materialien übernimmt.

2. Patagonia: Nachhaltiges Konsumbewusstsein fördern

„Patagonia ist ein Wegbereiter in Sachen Nachhaltigkeit und gehört definitiv auf diese Liste. Das Unternehmen verarbeitet beispielsweise in seinen Kollektionen umfangreich recycelte Materialien. 

Es ist auch eher unüblich, dass ein Hersteller seine Kunden auffordert, weniger zu kaufen. Aber genau das macht Patagonia. Seit Jahren propagiert das Unternehmen: ‚Kaufe nur das, was du brauchst‘. Mit dem Bevölkerungswachstum und dem Anstieg des verfügbaren Einkommens der Mittelschicht steigt auch der Verbrauch an Kleidungsstücken. Aber es gibt auch Anzeichen dafür, dass die Menschen bewusster konsumieren, vor allem in Bezug auf Fast Fashion. Ob Utopie oder nicht, ich glaube, die Verbraucher werden irgendwann bereit sein, nur die Kleidung zu kaufen, die sie wirklich benötigen.“

Ob Utopie oder nicht, ich glaube, die Verbraucher werden irgendwann bereit sein, nur die Kleidung zu kaufen, die sie wirklich benötigen.

3. Marimekko: Secondhand attraktiv machen

„Ich denke, es ist wichtig, dass die Menschen lernen, den Wert eines Kleidungsstücks zu erkennen, auch wenn es bereits von einer anderen Person getragen wurde. Der Marimekko Preloved-Onlineshop ist ein schönes Beispiel dafür, wie eine Marke ein eigenes Portal für Secondhand-Kleidung einrichten kann. Im Marimekko Preloved-Shop kann man Marimekko-Kleidung aus den 1970er Jahren bis hin zur neuesten Kollektion kaufen und verkaufen. Ein Baumwollkleid aus den 1970er Jahren kann so gut wie neu sein, wenn es richtig gepflegt wurde. 

Es gibt natürlich viele andere Unternehmen, die diesen Weg gehen. Marimekko ist hier längst nicht das einzige. Es freut mich, dass der Verkauf von Secondhand-Kleidung nicht auf Premium-Marken beschränkt ist. Insgesamt wächst der Secondhand-Markt schnell und bietet den Marken unzählige Möglichkeiten.“

Ein Baumwollkleid aus den 1970er Jahren kann so gut wie neu sein, wenn es richtig gepflegt wurde.
 

4. H&M: Innovationsarbeit fördern

„Ich habe zwar Vorbehalte, eine Fast-Fashion-Marke in diese Liste aufnehme, aber H&M hat systematisch Unternehmen finanziert, die beispielsweise nachhaltige Lösungen für Rohstoffprobleme entwickeln. Die Marke stagniert nicht, sondern geht mit dem Wandel der Zeit. 

Neben dem bereits weit verbreiteten Baumwollrecycling ist es ebenso wichtig, Wege für das Recycling von Kunstfasern wie Polyester zu finden und zu entwickeln. Eines der interessanten Start-up-Unternehmen, in die H&M Group Ventures in letzter Zeit investiert hat, ist Syre. Das Unternehmen ist bestrebt, Polyester-Recycling in großem Maßstab voranzutreiben und aus gebrauchtem Polyester neues herzustellen. Wir alle hoffen, dass es dabei Erfolg haben wird.

Polyester ist ein fantastisches Material, das zum Beispiel moderne, hochfunktionelle Sportbekleidung erst möglich gemacht hat. Polyester basiert aber auf fossilen Rohstoffen, so dass die Industrie nach Alternativen suchen muss. Bei UPM stellen wir erneuerbares MEG auf Holzbasis her. MEG ist ein Bestandteil von Polyester, der traditionell aus Erdöl gewonnen wird. Mit dem erneuerbaren MEG von UPM liegt der biobasierte Anteil von Polyester derzeit bei 30 Prozent. Das ist ein guter Anfang, aber die Modebranche nachhaltiger zu gestalten, ist ein langwieriges Projekt, bei dem alle umsetzbaren Lösungen geprüft werden müssen. Wir bei UPM haben die großartige Chance, unseren Beitrag zum unvermeidlichen Paradigmenwechsel in der Bekleidungsindustrie zu leisten.“

Die Modebranche nachhaltiger zu gestalten, ist ein langwieriges Projekt, bei dem alle umsetzbaren Lösungen geprüft werden müssen.

Fotos: Nina Karlsson