Artikel | 01/16/2019 08:19:00 | 6 min Lesezeit

Fischfreundliche Wasserkraft

Anne Hänninen

Wasserkraft ist sauber und erneuerbar. Die Energieerzeugung durch fließende Gewässer kann jedoch aquatische Ökosysteme schädigen. Derzeit werden neue Lösungen getestet, damit sich die Fischbestände wieder erholen können.

Bevölkerungswachstum und Urbanisierung führen zu einem wachsenden Strombedarf. Gleichzeitig erinnert der Klimawandel an das empfindliche ökologische Gleichgewicht und die schwindenden Ressourcen unseres Planeten.

Der Bedarf an emissionsarmem Strom steigt rasant, und Finnland befindet sich als eines von vielen Ländern in einer Energiewende hin zu emissionsfreier Stromerzeugung. Das Problem mit Solar- und Windenergie ist jedoch, dass die Verfügbarkeit von Strom vom Wetter abhängt.

„Wenn der Himmel über Finnland dicht bewölkt ist, kann kein Solarstrom erzeugt werden. Zudem weiß man nie, ob der Wind in fünfzehn oder erst in dreißig Minuten die erforderliche Geschwindigkeit erreichen wird. Dadurch ist diese Art der Energieerzeugung weniger vorhersehbar, vor allem auf kurze Sicht“, so Jyrki Uusitalo, Development Manager bei Fingrid, Finnlands nationalem Übertragungsnetzbetreiber.

Während Sonne und Wind unvorhersehbar sein können, ist Wasserkraft eine emissionsfreie, erneuerbare Methode der Stromerzeugung, die noch einen weiteren Vorteil hat: Sie ist schnell anpassbar.
„Wenn beispielsweise in einer Fabrik eine große Maschine in Betrieb genommen wird, steigt der Energiebedarf plötzlich um Dutzende Megawatt. Wasserkraftwerke können einer solch plötzlichen Nachfragespitze in Minutenschnelle nachkommen.“

Glücklichere Laichgebiete

Wasserkraftwerken wirft man häufig vor, Ökosysteme in Flüssen und anderen Gewässern zu zerstören. Doch es gibt auch andere Gründe dafür.

„Viele Wasserwege wurden beispielsweise für die Flößerei gesäubert“, merkt Jouni Tammi, Senior Fishery Officer der Abteilung für Umweltressourcen des finnischen Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft, an.
Es steht jedoch außer Frage, dass Wasserkraftwerke die wandernden Fischbestände beeinträchtigt haben. Schließlich stellen sie für Fische ein Hindernis dar, wenn diese zum Laichen an ihren Geburtsort zurückkehren. In manchen Gebieten sind die Bestände bedrohlich zurückgegangen.

„Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Stromerzeugung Vorrang. Auch wenn die Genehmigungen für Kraftwerke mit gewissen Vorgaben zur Erhaltung der Fischbestände verbunden sind, wurde der Maßstab recht niedrig angesetzt.“

Strengere Auflagen werden seit mehr als 20 Jahren diskutiert, doch die gewünschten Ergebnisse bleiben aus.
Inzwischen haben die Behörden reagiert: Finnland hat eine nationale Strategie zur Fischwanderung verabschiedet, in der die Wiederherstellung des natürlichen Fortpflanzungszyklus von wandernden Fischen in den genutzten Wasserwegen oberste Priorität hat. In dieses Regierungsprogramm wurden zur Wiederherstellung der Fischbestände zusätzlich 8 Millionen Euro investiert.

Gleichzeitig sind auch der finnische Energieverband sowie finnische Energieunternehmen aktiv geworden und helfen dabei, Lösungen zur Erhöhung der Fischbestände zu finden.

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Gemeinschaftsprojekte ebnen den Weg

Strukturelle Änderungen in bestehenden Kraftwerken sind komplex und teuer. Zudem ist nicht geklärt, welche Lösungen die Fortpflanzung von Fischen am effizientesten unterstützen können.

„Es ist noch viel zu tun im Bereich der Forschung und Entwicklung. Durch Kollaborationen und gemeinsam finanzierten Projekten können wir diese Bemühungen vorantreiben“, erklärt Tammi.

In zehn verschiedenen Flusssystemen wurden solche Gemeinschaftsprojekte bereits umgesetzt. Die Projekte werden normalerweise vom Bezirk geleitet, wobei Gemeinden mit Energieversorgern oder dem regionalen Zentrum für Wirtschaftsentwicklung, Transport und Umwelt zusammenarbeiten.

Die Wiederherstellung der Fischbestände und der Schutz der biologischen Vielfalt ist ein langfristiges Ziel, das in den kommenden Jahren viel engagierter Arbeit bedarf.

„Die Betreiber von Wasserkraftwerken nehmen eine Schlüsselposition bei der Lösung dieser Probleme ein, können sie aber auch nicht alleine bewältigen. Gemeinschaftsprojekte sind am effektivsten“, meint Tammi.

Ein gutes Beispiel hierfür ist das Laurinvirta-Projekt, das vor drei Jahren von dem lokalen Energieunternehmen Kuurnan Voima ins Leben gerufen wurde. Das Unternehmen plant, sein Wasserkraftwerk zu verbessern. UPM ist an der Finanzierung des Projekts als Partner beteiligt. 

Neues Gebiet für Süßwasserlachse

Ziel des Projekts ist es, den natürlichen Fortpflanzungszyklus der Süßwasserlachse zu fördern. Die Süßwasserlachse im Saimaa-See sind eine gefährdete Art, da sie sich seit 50 Jahren nicht mehr auf natürliche Weise fortpflanzen können.

Ein fünf Hektar großes Gebiet im Pielisjoki-Fluss wurde nun ausschließlich für das Laichen der Süßwasserlachse ausgewiesen.

„Ausgewachsene Süßwasserlachse werden den Hochwasserkanal des Kuurna-Kraftwerks ohne menschliche Hilfe aufwärts schwimmen können“, so Jorma Piironen, Senior Scientist am finnischen Institut für Umweltressourcen (Luke).

Kuurnan Voima baut derzeit ein kleines Kraftwerk am Staudamm an der Spitze des Hochwasserkanals.

Dadurch bleibt der Wasserpegel für die Lachse hoch genug und auch die Stromerzeugung wird nicht zu sehr beeinträchtigt. Für den mittleren Abschnitt des Hochwasserkanals ist eine Unterwasser-Wehranlage sowie ein Netzwerk aus Kanälen und Leitungen geplant, um die Auswirkungen der schwankenden Wasserpegel auf das Fischhabitat einzudämmen.

„Die Eier und die Junglachse (Parr) haben verschiedene Bedürfnisse, was das Ganze nicht einfacher macht. Zusätzlich ändern sich die Bedürfnisse der Junglachse im Sommer und Winter. Daher verwenden wir computergestützte Modelle. Dies wird das erste Laichgebiet dieser Art in Finnland sein.“

Das Gebiet umfasst eine Fläche von 300 x 200 Metern und ist wahrscheinlich nächstes Jahr im September einsatzbereit.

„Wenn wir uns an den Plan halten, könnten wir im kommenden Herbst vielleicht die ersten Fische, die zum Laichen flussaufwärts schwimmen, sehen. Und mit etwas Glück könnten wir nächstes Jahr im November vielleicht sogar schon den ersten Nachwuchs beobachten.“

Junge Lachse verbringen die ersten zwei bis drei Jahre ihres Lebens im Fluss. Wenn sie das „Smolt“-Alter erreichen, wandern sie flussabwärts und verbringen zwei bis vier Jahre im Seegebiet, bis sie zu erwachsenen Fischen werden. Bis der erste Fisch zurückkommt, der im Laurinvirta-

Gebiet geschlüpft ist, und flussaufwärts zum Laichen schwimmt, wirdes wohl noch einige Jahre dauern. 

 

Foto: UPM Energy, Jorma Piironen; Natural Resources Institute Finland, Kuurnan Voima

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